Geburt durch den Kaiserschnitt – ein Erfahrungsbericht

Hallo. Mein Name ist Andrea und ich bin Mama von sechs Kindern.

Fünf davon kamen leider durch einen Kaiserschnitt auf die Welt. Dabei war der Kaiserschnitt für mich nie eine Option. Und doch kam es leider aus den unterschiedlichsten Gründen immer anders, als ich es mir gewünscht habe.

Der Kaiserschnitt war für mich keine schöne Erfahrung. Man wird in den OP begleitet und bekommt eine Betäubung. Vom Rippenbogen an abwärts ist man dann plötzlich betäubt. Man liegt auf einem OP Tisch, wird fest geschnallt und fühlt sich ziemlich ausgeliefert. Wenn man Glück hat, bekommt man ein fähiges Team an seine Seite gestellt, welches sich liebevoll kümmert, bis der Mann dann endlich in den OP kommen darf und Kraft spenden kann. Bis dahin hat man schon einiges hinter sich, denn es dauert ein Weilchen bis man vorbereitet ist. Hinzu kommt, dass man hochschwanger auf dem Rücken liegt, was sich sehr unangenehm anfühlt. Das alles hat mit einer natürlichen Geburt nichts mehr zu tun. Leider ist es auch nicht der Normalfall, dass man nach der Geburt das Neugeborene auf die Brust gelegt bekommt. Normalerweise sieht man das Baby nur ganz kurz und danach wird es von den Kinderärzten versorgt. Nach einer Weile darf im Idealfall der Vater zum Baby kommen. Die Mutter liegt in der Zwischenzeit allein und hilflos im OP und weiß gar nicht wie ihr Kind riecht, wie es ihm geht und wie es aussieht. Geht es dem Kind gut und hat es keine Anpassungsschwierigkeiten, wird es einem nach Verlassen des OP auf den Bauch gelegt. Wenn man Glück hat, ist das Kind noch nackt. Im Idealfall hat es die Wartezeit auf Papas nackter Brust verbracht.

Hat das Kind allerdings Schwierigkeiten, was im Falle eines Kaiserschnitts öfter vorkommt, wird das Baby intensiv betreut und die Mama liegt alleine im OP. Dann dauert es oft sehr lange, bis sich Mutter und Kind das erste Mal sehen dürfen. Bis es endlich auf dem Bauch der Mama liegt vergehen manchmal Stunden, manchmal sogar Tage.

Diese Erfahrungen haben wir so bei der Geburt unseres fünften Kindes machen müssen. Das war sehr traumatisierend. Wir kämpften, dass wir unser Baby endlich auf den Arm nehmen durften. Irgendwie hatten wir das Gefühl, dass die Betreuung auf der Intensivstation uns die Autorität als Eltern nahm. Als ich mit unserem sechsten Kind schwanger war, wollte ich das Ganze nicht noch einmal durchmachen und habe mich vorab informiert. Habe mir alles angelesen, was es zu Kaiserschnitten und den Möglichkeiten im OP zu finden gab.

Und tatsächlich: Es gibt ganz andere Wege, ein Baby per Kaiserschnitt zu entbinden. Man muss es nur wissen und wollen und einfordern. Neuerdings spricht die Fachwelt sogar vom „Bonding im OP“. Leider bringt das Bonding die traditionellen Arbeitsabläufe im OP durcheinander und wird deshalb nicht großartig beachtet. Für die Mutter und das Baby ist es allerdings elementar. Wir haben im Vorfeld der Geburt unseres sechsten Kindes mit dem OP Team besprochen, wie wir uns die Geburt unseres Babys vorstellen. Und man hat uns zugehört und unsere Wünsche respektiert.

Mama und Baby nach Kaiserschnitt 2

Bonding im OP:

Unser Baby kam nach der Geburt direkt zu mir. Ich konnte unseren Sohn in Empfang nehmen, ihn riechen, fühlen und sehen. Danach erst ging es mit meinem Mann zusammen zum Kinderarzt. Die Kinderärzte müssen ein Baby nach einem Kaiserschnitt begutachten, weil es einfach viel häufiger zu Atemproblemen kommt als nach einer natürlichen Geburt. Dabei können die Ärzte es jedoch auch einfach nur 10 Minuten beobachten und nicht eingreifen. Das heißt sie saugen nicht ab, sie lassen das Baby ganz in Ruhe unter der Wärmelampe in der Nähe des Papas liegen und ankommen. So hat das Baby keinen Stress. Ist nach den 10 Minuten alles in Ordnung, wird das Baby in Handtücher gewickelt und kommt zur Mama in den OP. Dazu kann die Mama ein Bonding Tuch tragen. Das Tuch zieht man schon vor der Operation an und hält es möglichst weit oben. Somit ist es körperwarm, wenn das Baby hinein gelegt wird. Ganz nah, eng und warm liegt es dann bei der Mama und startet ganz langsam und ohne Stress ins Leben. Hygienisch ist das unbedenklich. Zusätzlich kann man das Kleine mit Handtüchern bedecken, oder man sorgt dafür, dass es nicht ganz so kalt im OP ist.

So sind Mama und Baby während des Kaiserschnittes so wenig wie möglich voneinander getrennt und haben gemeinsam einen viel besseren Start. Zudem ist der Kaiserschnitt für die Mama leichter zu überstehen, denn sie liegt nicht ganz alleine auf dem OP – Tisch. Die Zeit vergeht schneller und man kann das Neugeborene ungestört im Kreißsaal begrüßen, zum ersten Mal stillen und vor allen Dingen ausgiebig kuscheln. Unser Eindruck ist, das Lennart viel, viel ausgeglichener ist und immer war, als unsere anderen Kinder, die einen stressigeren Start ins Leben hatten.

Damit unsere Wünsche auch für jeden im OP-Saal ersichtlich waren, haben wir sie schriftlich festgehalten, z.B.:

  • Mein Mann möchte bei der kinderärztlichen Untersuchung dabei sein.
  • Unser Baby soll nur im Notfall abgesaugt werden.
  • Nichts passiert mit unserem Kind, ohne das es mit uns abgesprochen ist und der Papa bleibt stets beim Baby.

Traumatisch soll der Kaiserschnitt nicht noch einmal sein – das habe ich mir immer vor Augen gehalten. Diese Zeit gibt mir keiner zurück und dafür lohnt es sich zu kämpfen.